Gibt es eigentlich… Frauen im Profi-Fußball der Männer?! Selten, aber ja. Bibiana Steinhaus wird zum Beispiel ab kommender Saison die allererste weibliche Schiedsrichterin in der 1. Fußball-Bundesliga! Eine tolle Nachricht- die aber gleichzeitig spiegelt, wie groß noch der Spalt in der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Fußball ist…

Fußball ist mein Lieblingssport (wie von so vielen Menschen in Deutschland). Auch meine Protagonistin Katinka aus Im Abseits der Lichter und Tanz ins Flutlicht ist leidenschaftliche Fußballerin – am liebsten würde sie eine Karriere im Fußball einschlagen. Allerdings stößt sie dabei auf Hindernisse – denn im Fußball herrscht noch immer ein gewisser Sexismus. Fußball ist in vielen Köpfen ein „Männersport“. Es ist ein geflügeltes Wort, das so schon tausendfach ausgesprochen wurde, sowohl von so mächtigen (wenn auch moralisch nicht unantastbaren) Fußballgrößen wie Uli Hoeneß als auch so manchem Depp auf dem Bolzplatz. Frauen haben immer noch einen ganz, ganz schweren Stand im Bereich des erfolgreichsten Sport Deutschlands. Und das ist nicht nur offensichtlich, weil Frauenfußball noch immer eher wenig Interesse findet. Nein, Frauen haben auch wenig zu vermelden in Bereichen des Fußballs, die eigentlich frei von jeglichen geschlechtsspezifischen Kriterien ausgeführt werden können sollten – wie Tätigkeiten als Schiedsrichter, Trainer oder Kommentatoren.

Frauen werden im Fußball nicht gerne gesehen


Einen Ball vernünftig treten zu können und darüber entscheiden zu können, was vernünftiges Ballgetrete ist und was nicht, scheint nur der männlichen Spezies vorbehalten zu sein. Macht ja auch total Sinn. Nicht. Obgleich die deutsche Frauennationalmannschaft lange Zeit wesentlich erfolgreicher Fußball spielte als das männliche Team und die deutsche Frauen-Bundesliga eine der besten Frauenfußball-Ligen der Welt ist, wird Frauenfußball weiterhin eher belächelt. Ein Beispiel aus meiner eigenen Beobachtung: Zu den Spielen von Rot-Weiß Essen, einem Verein, der in der 4. Liga rumpelt, kommen im Schnitt mehr Zuschauer, als zu denen der SGS Essen, die eine sehr gute Rolle in der 1. Frauenbundesliga spielt. Frauenfußball ist, traurig aber wahr, ein Verlustgeschäft, wie auch die Zahlen des DFB-Finanzberichtes aus dem Jahr 2015 zeigen.

Frauen als Fußball-Kommentatorinnen? Ungern.

Nicht nur Frauenfußball ist nicht gern gesehen, auch Frauen, die Fußball kommentieren, nicht.

Screenshot des Shitstorms gegen Claudia Neumann bei der EM 2016.

Frauen werden weder gerne Fußball spielend gesehen, noch sollen sie Positionen bekleiden, die erfordern, dass man Ahnung von diesem Sport hat. So war es noch 2016 nahezu revolutionär, dass mit Claudia Neumann erstmals eine Frau bei der EM ein paar Spiele kommentieren durfte (zwei Vorrundenspiele, um genau zu sein). Das ZDF erntete prompt einen ekelhaften Shitstorm dafür.

Immerhin: Am Rande des Feldes sieht man immer öfter Frauen, die Spieler interviewen dürfen oder die Moderation einer Sendung übernehmen. Nett auszuschauen und Fragen zu stellen ist Ok. Aber Spiele zu kommentieren, dabei Szenen zu bewerten und Ahnung vom Sport zu suggerieren – das ist als Frau dann doch zu krass!

Frauen als Fußball-Trainerinnen? Exotisch.

Wem fallen weibliche Trainerinnen ein? Die Frauen-Nationalmannschaft hat eine Historie erfolgreicher weiblicher Trainerinnen mit Tina Theune, Silvia Neid und heute Steffi Jones. Aber sonst? Nicht einmal im Frauenfußball sind weibliche Coaches gut vertreten. In der Frauen-Bundesliga spielen 12 Teams – nur 2 davon haben eine Trainerin. Mal ganz zu schweigen davon, dass in den männlichen deutschen Fußball-Ligen nicht eine Frau ein Herrenteam trainiert. 2009 gab es mit Sissy Raith eine Trainerin beim TSV Eching in der Bezirksoberliga – sie führte das Team in die Landesliga, ihr Engagement dauerte dennoch nur 10 Monate, weil der neue Vereinsverantwortliche mit einer Frau als Trainerin scheinbar nicht klar kam. Raith wurde gekündigt. Das wars.

Es gibt seltene Ausnahmen, die Hoffnung machen: In Frankreich trainiert mit Corinne Diacre eine Frau den Zweitligisten Clermont Foot – mittlerweile schon im dritten Jahr. In China trainiert Chan Yuen-ting den Hongkonger Club Eastern Long Lions und ist die erste Trainerin, die ein Männerteam bei einem kontinentalen Wettbewerb (der AFC Champions League) gecoacht hat.

Frauen als Schiedsrichterinnen? Unikate!

Nun darf Bibiana Steinhaus ab der Saison 2017/2018 als erste Frau ever Spiele der 1. Fußballbundesliga der Männer pfeifen. Die 38-Jährige war bereits die einzige weibliche Schiedsrichterin in der 2. Liga, neben ihr gibt es mit Riem Hussein noch eine einzige weitere Frau, die im Profibereich des Männerfußballs eingesetzt wird (Hussein pfeift in der 3. Liga). Es war kein Spaziergang für Steinhaus, sich in der Männerdomäne hochzuarbeiten – es gab auch den ein oder anderen blöden Spruch, wie von Kerem Demirbay (der jüngst für den Confed Cup der Nationalmannschaft berufen wurde). 2015 zeigte Steinhaus ihm die Rote Karte, woraufhin er wetterte, dass Frauen im Männerfußball nichts zu suchen hätten. Demirbay wurde für seine Äußerungen bestraft. Nächste Saison treffen sich beide in der 1. Liga wieder.

Fußball: Spiegel der Gesellschaft

Offensichtlich hinken Frauen im Fußball noch hinterher – aber nicht, weil ihnen Fähigkeiten fehlen, wie die wenigen Beispiele beweisen. Vielmehr werden Frauen noch immer aus staubigem, sexistischem Gedankengut heraus ausgebremst. Vermutlich kommen Frauen noch zusätzlich Umstände in die Quere, die ihnen auch auf anderen Karrierewegen begegnen: Wie vereinbar ist eine Karriere im Fußball mit dem Thema Familienplanung und in welchem Verhältnis steht der (für Frauen umso krassere) Aufwand sich dort hochzuarbeiten zum finanziellen Verdienst? Toll, dass es – wenn auch unfassbar langsam – vorangeht. In Mexiko hat Ende letzten Jahres sogar erstmals eine Frau bei einem Männerteam unterschrieben – als Spielerin! Aber das ist noch ein absoluter Einzelfall. Tatsächlich hält uns der Fußball einen Spiegel vor Augen, der zeigt, wie weit der Weg zur Gleichbehandlung von Mann und Frau noch ist.