Dies ist ein Gastbeitrag von Lia Rienzi, die sich unverhofft in eine Frau verliebte. Über diese Erfahrung und all die Fragen, die sie in ihr auslösten, schreibt sie hier…

Lesbisch, bi oder doch hetero? Egal, folge Deinem Gefühl!

Ich hab mich an ein Thema gewagt, das gerade immer mehr Raum einnimmt in meinem Leben, das sich aber teilweise noch sehr fremd anfühlt. ES ist schon ein paar Monate her, dass ich mich dazu entschieden habe diesen Beitrag für Lina zu schreiben. Doch ich glaube, eigentlich schreibe ich den Beitrag für mich. Um selbst etwas für mich zu klären. Um mich mit einem neuen Thema auseinander zu setzen, welches mein Leben etwas durcheinander gebracht hat. Um mir selbst Fragen zu beantworten, auch wenn ich merke, dass für viele dieser Fragen noch keine konkrete Antwort bereitsteht. Etwas unbehaglich fühle ich mich zwischendurch, weil ich mich gewagt habe, etwas von mir preis zu geben, das ich selbst noch nicht ganz verstanden habe.

Aber jetzt nochmal von vorne. Wie kam es überhaupt zu diesem Beitrag?

Im September habe ich bei der Blogparade von Bettina von kreativgedacht mitgemacht und einen Beitrag für sie geschrieben: Leben im Einklang.

Nach der Blogparade hat sie ein Ebook mit allen auserwählten Beiträgen zusammengestellt. Beim Stöbern durch die Beiträge bin ich durch Zufall auf den Eintrag von Lina Kaiser gestoßen (ich glaube nicht an Zufälle). Es war so, als hätte ihr Beitrag auf mich gewartet, denn ich befand mich in einer ganz neuen Situation meines Lebens. Ich hatte gerade eine Frau kennengelernt…die in mir alles andere als rein freundschaftliche Gefühle und Interessen auslöste 🙂

Das hat mein Leben ganz schön auf den Kopf gestellt und Linas Webseite frauenverliebt hat mich spontan inspiriert über genau diese Erfahrung einen Gastbeitrag zu schreiben.

Aber: Wie schreibt man einen Beitrag zu einem Thema, welches man selbst noch nicht wirklich versteht???

Ich kann schreiben, wie es sich für mich anfühlte…

  • unsicher
  • mir selbst fremd
  • fehl am Platz
  • durcheinander
  • instabil

… und doch zog es mich genau in die Richtung.

Ich hatte einen Fuß in eine Welt gesetzt, die ich kaum kannte. Nur aus Geschichten oder Erzählungen. Es war so, als hätte ich diese Welt betreten, ohne mich vorzubereiten, ohne zu wissen wie mir geschah, ohne Plan, was ich hier wollte. Weder die Sprache noch die Regeln waren mir bekannt.

Plötzlich war ich mit Fragen konfrontiert:

  • Was passiert mit mir?
  • Warum passiert es mir?
  • Bin ich lesbisch?
  • Oder bin ich doch hetero?
  • Liebe ich vielleicht Männer und Frauen?
  • Warum merke ich das jetzt erst?

Auch die Frage ob ich nur „neugierig“ sei verwirrte mich total (niemand fragt dich das, wenn du dich in einen Mann verliebst…). Natürlich hatte ich keine wirklichen Antworten darauf…woher auch, ich wusste ja selber nicht was los war. Als Konsequenz zog ich mich für eine Weile von all dem zurück, was auf mich einstürmte.

So konnte etwas deutlich werden. Es geht für mich gerade nicht wirklich darum, wen ich lieben und wen nicht, sondern darum, eine wichtige Erfahrung dankbar anzunehmen, auf dem Weg zu mir selbst.

„Heute, nur an diesem Tag, befreie ich mich von den >Bildnissen<, die ich mir gemacht habe. Ich stelle die Personen, die mich umgeben, (und mich selbst) vor einen imaginären Spiegel und zerschlage ihn. Frei und unvoreingenommen begegne ich den anderen und mir neu.“

Ich bin dabei mich selbst wieder auf eine ganz neue Art und Weise zu entdecken. Durch diese Erfahrung trete ich aus Mustern heraus, die mich vorher definiert haben. Ich dachte nur „so“ zu sein und bin jetzt gefragt genau das zu überdenken.

Jetzt bin ich „so“ und noch so viel mehr! 🙂

Wieder einmal durfte ich meine bisherigen Vorstellungen von Beziehungen und Sexualität hinterfragen und neu definieren. Ich war eingeladen mich mit dem Thema Weiblichkeit neu und noch tiefer auseinander zu setzen.

Ich spürte eine neugierige Entdeckerin in mir, die mehr wissen wollte. Die Erfahrungen anderer hören und lesen wollte, um zu der Erkenntnis zu kommen:

Es gibt kein Richtig oder Falsch, kein “so musst du es machen und so nicht”, kein “für immer” oder “nur vorübergehend”…

Ich habe Geschichten und Erfahrungen von anderen Frauen gelesen und gehört, mich unterhalten und viele Fragen gestellt. An Frauen, die Erfahrungen gemacht haben wie ich. An meine Familie und an Freunde. Und natürlich an mich selbst.

  • Eine Freundin von mir wusste schon mit 14, dass sie sowohl Frauen als auch Männer liebt.
  • Eine andere Frau in meinem Alter war 15 Jahre lang mit einem Mann zusammen, hat ihn sogar geheiratet, um dann zu bemerken, dass sie Frauen liebt, und zwar nur Frauen.
  • Manche Frauen entdecken erst mit 50, nach dem sie Ehe, Kinder und Familienleben gelebt haben, dass lesbisch sind.
  • Oder eben auch andersherum, wie Lina in diesem Beitrag beschreibt, eine Frau die eigentlich lesbisch ist und sich in einen Mann verliebt.
  • Und es gibt Frauen wie ich, die noch auf der Suche sind.

All das ist okay!!!

Liebesbeziehung ist einfach ein Begriff. Die Definition muss jeder für sich selbst herausfinden und das ist gut so.

Ich ermutige alle Frauen, die an einem ähnlichen Punkt stehen wie ich, sich weiter zu entdecken. Auf dass wir immer wieder unserem Gefühl vertrauen und folgen, um dabei eigene Antworten zu finden.

Ich danke dir Lina, dass du mir die Möglichkeit gegeben hast, mich vor allem mit mir selbst auseinander zu setzen.

Herzensgrüße, Lia