Unsere Generation bezeichnet sich gern mal als beziehungsunfähig – dabei träumen wir fast alle von der großen Liebe. Gibt es “die Eine”, “die Richtige” für dich und mich – oder ist das nur eine romantische Illusion?

Als ich ein Kind war und Disneyfilme im Überfluss konsumierte, war ich überzeugt davon, dass auch in meiner Zukunft eine große Liebe liegen würde. Zwar sah ich mich nicht an der Seite eines schmucken Traumprinzens, da mir damals schon Prinzessinnen begehrenswerter erschienen – doch nichtsdestotrotz hatte ich keine Zweifel daran, dass auch für mich irgendjemand da draußen bestimmt war. Irgendwann, da war ich sicher, würde ich meine Liebe finden und mein persönliches Disney-Happy-End erfahren.

Jahre später weiß ich: Disneyfilme haben wenig mit der Realität zu tun und selbst wenn man meint, eine große Liebe zu erfahren, ertönen keine Fanfaren und Chöre und es folgt vielleicht ein End, aber eben ohne Happy.

Zusammen ist man viel glücklicher als allein – oder viel unglücklicher

Studien legen nahe, dass Ehepaare, die ihre Beziehung als glücklich einschätzen, glücklicher sind als Singles. Aber hier kommt die Krux: Paare, die ihre Partnerschaft nicht als glücklich einschätzen, sind wesentlich unglücklicher als Singles. Warum sich also dem Stress einer Beziehung und dem möglichen großen Unglück aussetzen, wenn die Partnerin womöglich nicht die Eine ist?! Ich vermute, viele Paare lösen sich auf, weil der ein oder andere in einer schwierigen Phase (oder gar einer normalen, aber einfach nicht so aufregenden Phase) glaubt, dass die Richtige noch da draußen irgendwo wartet. Ich bin nicht glücklich? Dann ist sie nicht die Eine!

Es gibt keine “Generation beziehungsunfähig”

Statistisch ist da ja auch was dran – bei 3,7 Milliarden Frauen auf der Welt müsste doch eine dabei sein, die wirklich gut zu mir passt? Und dank der Möglichkeit, potenzielle Partnerinnen über das Internet kennenzulernen, ist die Auswahl auch wirklich nicht mehr klein. Es besteht ein Überangebot an möglichen großen Lieben. Gleichzeitig halten sich viele Menschen heute für die Generation beziehungsunfähig. Ungefähr jeder dritte Haushalt in Deutschland ist ein Single-Haushalt. Angesichts des hohen Stellenwerts, den wir der Liebe zuschreiben, ist das ein komisches Ergebnis. Laut der Bindungstheorie haben wir Menschen ein angeborenes Beziehungsbedürfnis – als Säuglinge würden wir ohne eine starke Bindung mit den Eltern nicht überleben und auch als Erwachsene bleibt dieses Bedürfnis bestehen. Vielleicht ist die Beziehungsfähigkeit eine Frage des Willens. Zumal eine vermeintliche Seelenverwandtschaft mehr im subjektiven Empfinden stattfindet, als mit objektiven Gemeinsamkeiten zu tun hat.

Also wer ist die Richtige? Das entscheide ich.

Wer die Richtige ist und wer nicht, obliegt keinen bestimmten Kriterien. Ist es die, die die Schmetterlinge in meinem Bauch nur so flattern lässt? Oder die, die meine Interessen teilt? Oder die, die sich am besten auf meine Bedürfnisse einstellt und mir jeden Wunsch von den Augen abliest? Oder doch die, mit der ich am besten über alles reden kann? Die Richtige sollte am besten all das sein – die Eine, die mir jeden Tag erfüllt. Also eine völlige Utopie. Selbst wenn ich es runterbreche auf das, was unterm Strich herauskommt, lässt sich schwer festlegen, was die Richtige ausmacht, und was nicht: Ist die große Liebe am Ende des Lebens die Frau, mit der ich die am besten funktionierende Beziehung hatte – oder die, mit der es vielleicht nicht funktioniert hat, die mir aber das stärkste Gefühl gegeben hat?

Was die Richtige ausmacht, ob es sie gibt und wer sie dann ist, ist sowohl eine Frage des Wollens einer großen Liebe als auch eines Gefühls und seiner Interpretation. Eine Glaubens- und Willensfrage. Eine Entscheidung.

Ich persönlich glaube, es gibt nicht nur eine, mit der ich glücklich zusammen sein könnte. Aber ich glaube auch: Die, mit der ich zusammen bin, ist die Eine. Und das Glück, so denke ich, ist nicht primär von der Einen abhängig – doch sie steigert es, keine Frage. ❤