„Lesbische Bücher Geheimtipps“ Nummer 2! Es ist die wohl klassischste lesbische Liebesgeschichte: Die Geschichte einer verbotene Liebe zwischen Schülerin und Lehrerin. Eine weniger bekannte, aber dafür wunderschön geschriebene solche Geschichte erzählt der Roman “Olivia” von Dorothy Strachey-Bussy.

Darum geht es in “Olivia”:

Olivia erzählt in einer Rückschau von ihrer Zeit an einem französischen Mädchenpensionat, Les Avons, auf das sie geschickt wurde, als sie 16 Jahre alt war. Die Handlung spielt in den 1880er Jahren. Les Avons wird von den Lehrerinnen Mademoiselle Julie und Mademoiselle Cara geführt, die sich zerstritten haben und die Schülerinnen in zwei Lager spalten. Olivia fühlt sich schon bald außerordentlich zu Mlle Julie hingezogen, die ihr die Welt der Literatur und des Theaters nahe bringt. Die für Olivia neuartigen Gefühle verwirren und berauschen sie zugleich…

Mein Leseerlebnis:

Mich hat dieses schmale Buch völlig in die viktorianische Zeit versetzt. Obwohl Olivia und mich Jahrhunderte trennen, konnte ich ihr Empfinden vollkommen nachspüren. Das Leid einer unmöglichen Liebe (und speziell einer unmöglichen lesbischen Liebe) ist wohl über alle Zeiten der Weltgeschichte hinweg sehr ähnlich … Ich las das Buch zum ersten Mal (jap, ich habe es mehrfach gelesen) in einer Zeit, in der ich ebenfalls Liebeskummer hatte, und ein Satz ist mir nachhaltig in Erinnerung geblieben:

„Und doch wusste ich nur zu gut, dass auch Untragbares getragen werden musste.“

So einfach, so wahr.

Die dichterische Sprache des Buchs schafft es, die Liebesthematik und -dramatik schön darzustellen, ohne jemals explizit zu werden. Im 19.Jahrhundert waren romantische, schwärmerische Frauenfreundschaften zwar häufig zu beobachten, aber die wenigsten Menschen hätten das damals mit Homosexualität in Verbindung gebracht – weil sie darüber entweder gar nichts wussten, oder es peinlich berührt lieber totschwiegen. So kommt es in diesem Buch zu keinen großen erotischen Szenen und niemand benennt die lesbische Liebe. Doch auch ohne es dem Leser plakativ unter die Nase zu reiben, wird sehr klar, welch brennende Leidenschaft sich hinter der verbotenen Liebe von Schülerin zu Lehrerin (und umgekehrt?) verbirgt. Während der Leser bei Olivias Verwirrung, Glück und Leid voll mitgehen kann, bleibt das Empfinden von Mlle Julie ein Rätsel, das sich nur interpretieren lässt. Meine persönliche Deutung ist, dass Mlle Julie die vielleicht tragischste Figur der ganzen Geschichte ist…

Die Autorin Dorothy Strachey-Bussy veröffentlichte “Olivia” 1949 im Alter von 83 Jahren anonym – noch immer steht auf der ersten Seite des Buchs: “OLIVIA von Olivia”. Erst Jahre später lüftete sich das Geheimnis um die Autorin. Es liegt nahe, dass sie hier ihre eigene Geschichte niedergeschrieben hat, die zu damaligen Zeiten noch zu skandalös war, um sie unter ihrem wahren Namen zu publizieren. Dies gibt dem Buch natürlich noch einen besonderen, authentischen Charme.

„Olivia“ ist eines meiner allerliebsten lesbischen Bücher. Natürlich muss ich an dieser Stelle einen Link setzen, über den ihr das Buch kaufen könnt – aber es ist leider gerade nur auf Englisch erhältlich: Olivia bei Amazon … Haltet die Augen offen! Vielleicht entdeckt ihr eine deutsche Übersetzung von „Olivia“ ja irgendwo mal beim Bücher stöbern – dann habt ihr einen kleinen literarischen Schatz gefunden.

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