***SPOILER WARNUNG!*** Die fünfte Staffel von Orange is the New Black widmete sich 13 Episoden lang dem Gefängnisaufstand. Keine Frage, diese Staffel war irgendwie anders als die vorherigen und perfekt war sie nicht. Nichtsdestotrotz bot sie wieder alles, was ich persönlich an dieser Serie schätze: Humor, Dramatik, tiefe und weniger tiefe Charaktere – und lesbische Liebe, natürlich…

Die 4. Staffel von Orange is the New Black endete letztes Jahr tragisch und höchst dramatisch – Poussey kam durch die Hände eines Wärters ums Leben und in Litchfield brach eine Revolte los. (Lies hier meine Review zu OITNB Staffel 4: Black Lesbians Matter) Der Cliffhanger, an dem die vierte Staffel endete, wird nahtlos in der ersten Episode von Staffel 5 aufgegriffen und geklärt: Ja, Daya schießt. Es ist der Beginn einer Reihe von dramatischen Entwicklungen, die die Schicksale einzelner Charaktere als auch das des ganzen Frauengefängnisses nachhaltig beeinflussen werden. Dennoch fühlte ich mich nach Abschluss der 13. Episode genauso ratlos und hängen gelassen wie ein Jahr zuvor – wenn auch ein Stück weit frustrierter.

Ich denke, Staffel 5 lässt sich so runterbrechen: Der Aufstand der Insassinnen führt vorübergehend zu Machtverschiebungen innerhalb Litchfields (teils wirklich albernen Entwicklungen und Szenen in der ersten Hälfte der Staffel) und dem kurzen Schnuppern einzelner Charaktere an Freiheit und Bedeutung – letztlich führt er aber zu wenig mehr als Enttäuschung und weiteren Fragezeichen.

Am Ende von OITNB Staffel 5 bleibt alles ungewiss

Viele kleine Geschichten wurden in dieser Staffel angestoßen, aber nicht fortgeführt, geschweige denn abgeschlossen: Sophia verschwindet in einer frühen Episode in Maximum Security und ward seither nicht mehr gesehen. Judy King kommt frei und erhält einen TV-Auftritt – und ward seither nicht mehr gesehen. Daya stellt sich ihrer Verantwortung und der Polizei – und ward seither nicht mehr gesehen! Aber es sind nicht nur diese Charaktere, die im Verlauf der Handlung verschütt gegangen sind – am Ende von Episode 13 steht ein gigantisches Fragezeichen über ALLEN geliebten Charakteren. Die von der SWAT-Einheit hinausgeführten Insassinnen werden auf verschiedene Busse aufgeteilt und getrennt – wie das Duo Flaca und Maritza zum Beispiel. Und dann sind da noch einige der wichtigsten Charaktere überhaupt, die zu zehnt im Pool unterhalb des Gefängnisses zusammenstehen und auf die gewaltsame Auflösung von allem warten: Piper, Alex, Red, Suzanne, Taystee, Gloria, Blanca, Cindy, Nicky und Frieda. Das Litchfield, das wir 5 Staffeln lang kannten, gibt es nicht mehr, kann es nicht mehr geben – womöglich ein Abschied für immer?

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OITNB Staffel 5 bot bewegende Geschichten – und einfach nur merkwürdige

Mein Problem mit dieser Staffel ist, dass ich das Gefühl habe, dass wir nicht viel weiter gekommen sind. Chaos führte zu noch mehr Chaos. Manche Geschichten funktionierten für mich persönlich überhaupt nicht. Mich nervte nahezu jede Szene, in der die beiden Meth-Mädchen Leanne und Angie involviert waren. Die Talentshow der Wärter (ach, überhaupt die ganze Behandlung der Wärter) war in meinen Augen ein langer, für die Story überflüssiger Klamauk. Ebenfalls schwer tat ich mir mit Pennsatucky. Sie schwebte (nach Boos Abkehr aufgrund von Linda) von allen Charakteren losgelöst durch Litchfield – und die Verbindung, die sie zu ihrem Vergewaltiger aufgebaut hat, wirkte auf mich vor allem verstörend.

Nichtsdestotrotz boten sich auch in diesem Chaos wieder Momente, die herzzerreißend und gut erzählt waren. Dies waren vor allem Geschichten des Scheiterns. Eine der bewegendsten Szenen war die, in welcher Daya beschließt, sich zu stellen und ihr Baby der Mutter von Pornstache überlässt. Ebenfalls mitgenommen hat mich Glorias verzweifelter Versuch, zu ihrem kranken Sohn zu kommen – der letztlich scheitert. Eindrucksvoll war auch Taystees langwieriger Kampf für Gerechtigkeit für Poussey – der ebenfalls scheitert. Oder Suzannes scheitern an sich selbst – “Crazy Eyes” durchläuft das gesamte Maß an emotionalen Ausbrüchen in dieser Staffel. Auch Reds persönlicher Krieg gegen Piscatella scheitert, so wie Piscatella selbst. Es ist schön ironisch, dass er am Ende an sinnloser Gewalt stirbt, nachdem er selbst zuvor sinnlose Gewalt ausgeübt hatte.

OITNB lehrt uns: Liebe ist Schmerz. Vom Loslassen und Festhalten…

Kommen wir zu den aus lesbischer Sicht zentralen Handlungssträngen! Wenig sichtbar und doch irgendwie zentral war Sosos Umgang mit dem Verlust ihrer Liebe Poussey. Soso hat keine die Geschichte vorantreibende Handlung in dieser Staffel – doch ihr gebührt mit der Szene, in welcher sie aus dem Bücher-Denkmal für Poussey gezwungen wird, eine der eindrücklichsten Szenen überhaupt.

In dieser Staffel hat mich die Verbindung von Nicky und Morello tiefer bewegt als in den Staffeln zuvor. Mittlerweile wissen wir ja alle, dass Morello, “Lorna La Loca”, einen ziemlichen Knall hat – und Nicky weiß das auch. Nichtsdestotrotz liebt sie sie bedingungslos. Nicky startet einen kurzen Versuch, sich aufgrund der Aussichtslosigkeit ihrer Liebe zu Lorna – die leider am Ende des Tages einfach hetero ist – von ihr zu lösen. Doch letztlich führt es sie doch nur dahin, ihr Trost zu spenden und Unterstützung für ihr Baby zuzusichern. Die Szene, in der Nicky Lornas Ehemann anruft und ihm den Kopf wäscht, ist ein starker, bittersüßer Ausdruck einer großen Liebe, die mir genauso das Herz brach wie der Abschied der beiden, bei dem Nicky nur zuhören kann, wie Lorna trotz Schwangerschaft genauso gewaltsam aus Litchfield geführt wird wie alle anderen.

OITNB Staffel 5 Nicky

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Liebe ist Schmerz. Das lehren uns auch Piper und Alex. In dieser Staffel partizipieren beide wenig am Hauptgeschehen. Piper schnuppert an der Teilhabe an den großen Verhandlungen, die Taystee führt, übernimmt allerdings nie eine zentrale Rolle. Alex will eigentlich überhaupt nichts mit allem zu tun haben. Allerdings gibt es in dieser Staffel erstmals keinen großen Bruch zwischen den beiden – im Gegenteil. Am Ende der Staffel ereilt Piper die Erkenntnis, dass sie ihr ganzes weiteres Leben mit Alex verbringen will. Sie macht ihr einen Heiratsantrag! Ganz ehrlich – ich bin großer Vauseman-Fan, aber damit hatte ich tatsächlich nicht gerechnet. Tatsächlich hat mich dieser ultimative Glücksmoment für jeden Vauseman-Shipper so irritiert, dass ich mich innerlich darauf vorbereitet habe, dass Alex in der nächsten Episode sterben könnte. Das wäre die ultimative Dramatik gewesen und der finale, tragische Bruch in dieser steten On-Off-Liebe. Aber – noch leben alle und ich bete, dass die Drehbuchschreiber es tatsächlich einfach ernst mit der Liebe von Piper und Alex meinen und NICHT vorhaben, Piper noch eine bittere Lektion des Lebens mitzugeben, bevor die Serie endet. Schwierig einzuschätzen, wohin die Reise geht. Für den Moment lässt sich feststellen: Es ging in OITNB Staffel 5 in allen lesbischen Lieben ums Loslassen. Piper und Alex hingegen halten aneinander fest. ❤

Mit dieser positiven Aussicht beende ich meine Review der fünften Staffel von Orange is the New Black und freue mich auf nächstes Jahr…